Im Jahre 2010 wurde eine der grausigsten Entdeckungen in der Geschichte von Texas gemacht. Auf dem Gelände einer verlassenen Farm bei San Antonio fand man zahlreiche Körperteile und menschliche Überreste. Nur wenig wurde darüber publik gemacht. Bis heute.
Eddie Mason ist ein freundlicher, kleiner Mann. Und mit viel Liebe lehrt er seinen Kindern Brandi und Jeffrey die abscheuliche Kunst des Tötens …
Familienmassaker ist eine Reise voller Folter, Kannibalismus und Irrsinn. Tim Miller treibt den Leser in eine Welt voller Tabus.
Tim Miller schreibt abartig … abartig gut!
Wer kennt nicht Texas Chainsaw Massacre? Unter der Annahme, dass Thomas Hewitt, besser bekannt als Leatherface, doch in irgendeiner Art und Weise der menschlichen Gattung angehört und nicht aus der Hölle auf die Erde gespuckt wurde, könnte man sich seine Kindheit durchaus so vorstellen, wie die des kleinen Jeffrey Mason – das kleine Dreckstück; Sohn von Eddie Mason.
Eddie Mason, der unscheinbare Typ von nebenan: dicklich, klein, verheiratet, zwei Kinder und Kannibale mit ausgeprägtem intrapersonellem Konflikt – Psychopat klingt doch so abwertend…
Und so wie der Eine eine Eisenbahn auf dem Dachboden stehen hat oder regelmäßig angeln geht, hat Eddie eben seine Guy Fawkes-Maske, eine nette Hütte, Messer, Schweissbrenner, Eispickel, etc., und – jetzt sag‘ ich’s eben doch – gehörig einen an der Schüssel!
Ohne jetzt zuviel verraten zu wollen, sieht sich Eddie genötigt Menschen zu entführen, sie auf unterschiedlichste Art und Weise zu quälen, um sie letztlich zu töten, schlachten und verspeisen – achso: und diese "Kunst" mit viel Erfolg an seine Kinder weiterzugeben.
Interessant wird es, als Mason als nächsten "Gast" die gegen ihn ermittelnde Polizistin auswählt…
Viel mehr möchte ich hier garnicht von der Geschichte verraten – der Rest darf selbst "erlesen" werden; denn lesen ist bei diesem Buch Pflicht!
Miller: das heisst eine Detailverliebtheit die an White erinnert, gepaart mit einer von Lee adaptierten Gnadenlosigkeit. Dem (heutigen) Sozialverhalten geschuldet, wird das Schauspiel durch den Einbezug von Kindern nicht gerade barmherziger.
Horror definiert sich unteranderem durch den Einfluss von übernatürlichen Ereignissen: somit ist Familienmassaker kein klassischer Horror, sondern unbarmherziger Splatterpunk in der typischen millerschen Schlachtart!
Blutig, brutal, erbarmungslos, gnadenlos, sadistisch – Miller lässt Eddie Mason zu einem autarken Über-Ich wachsen, den er alsbald auf die Menschheit hetzt! Und als wäre das noch nicht genug, treibt er den Leser noch durch thrillerähnliche Handlungswechsel, die dem Kreislauf dann endgültig den Rest geben.
Ja, selbst zum Schluss lässt es sich Miller nicht nehmen, den Leser in guter alter Tradition zu entlassen.
Was ein Höllenritt auf den Miller mit Familienmassaker einlädt! Ein Thriller, der gnadenlos vorantreibt – statt einem Page-Turner hat Miller hier schon regelrecht einen Page-Ripper geschrieben! Splatterpunk, der rücksichtslos nicht nur die Phantasie überfordert, sondern sie selbst zum Opfer werden lässt!
Hier erbricht sich nicht die Hölle über dem Haupt des Lesers, hier grinst einen der Wahnsinn dystopisch aus den Augen der Unschuld an!
Für Familienmassaker gilt es dem Festa-Verlag gleich doppelt zu danken!
Zum einen, dass sie hier wieder einmal ein absolut geniales Buch in ihr Programm aufgenommen haben. Festa schiebt nicht einfach alles, was nach Blut und Innereien aussieht über den Tisch des Übersetzers – es wird gelesen, abgewägt und bedacht entschieden; und das merkt man hier einmal wieder!
Zum anderen, dass sie hier einen der genialsten Splatterpunk-Autoren mit ins Programm genommen und somit über den großen Teich geholt haben: Tim Miller! Wer Splatterpunk mag, kann Miller nur lieben!
Familienmassaker ist Festa in Reinkultur – und Festa ist jede Mutprobe wert!
Danke an den Verlag!
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