Als die Zivilisation in blutigem Chaos zusammenbricht, ist Xoas Welt schon längst zerstört. Während über ihr Horden von Untoten Jagd auf jeden machen, der noch atmet, stellt sie sich täglich ihrem Peiniger.
Seit acht Jahren hält der Mann Xoa und ihre Leidensgenossin Lei im Keller gefangen. Um seine wirre Theorie von Engeln und Dämonen zu überprüfen, setzt er seine Gefangenen den grausigsten Prüfungen aus.
Sie haben jede davon bestanden.
Bis zum 2. Juli 2022.
Habe ich bestanden?
Habe ich?!
HABE ICH BESTANDEN??!
Relation braucht Bestand; braucht Existenz…
Zeit ist nicht relativ, nicht hier – sie ist gegangen… womöglich hat er sie mir auch genommen, aber ich glaube nicht.
Ich glaube nicht…
Glauben.
Nicht die Hoffnung weicht als letztes, es ist der Glaube, der uns verlässt.
Ich glaube!
Willkommen im Elfenland…
I’m not going to tell you about this.
I refuse to.
There are things you know you’ll die before telling, things you know you should have died before ever having seen.
I watched and saw.
Zombie Zone Germany: eine Reihe die mir bisher (fast) immer viel Spaß bereitet hat.
Gerade, weil es eben nicht dieses typische Zombie-Nachgeseiher ist, was die Autoren hier schaffen, sondern (bisweilen) kritische Auseinandersetzungen mit dem Individuum.
Es dürfte nun also nicht verwundern, dass ich auch das neuste Werk der Reihe alsbald mein Eigen nennen konnte.
Doch war ich nicht auf das vorbereitet, was mich hier erwartete…
Ein Mann, ein Keller und zwei Mädchen: der Stoff aus dem die Albträume sind. Im Prinzip ein perfektes Setting für einen Slasher – im Prinzip…
Um ehrlich zu sein, weiß ich nicht mehr, was genau ich von Xoa erwartet habe. Womöglich war es die Hoffnung einer leichten Lektüre: Mann hält zwei Mädels gefangen + Zombieapokalypse = Splatterspaß.
Oder vielleicht war es auch die Erwartung einer traurigen Coming-of-Age Novelle: gefangen gehaltene Mädchen, die sich in der Hoffnungslosigkeit zu einem neuen Ich entwickeln.
Vielleicht, eventuell, womöglich – was es auch immer gewesen sein mag, es spielt im Nachhinein einfach keine Rolle mehr, da das, was ich letztlich finden durfte, so viel mehr war ist.
Denn statt ein weiteres Buch aus der Zombie Zone Germany zu lesen, nahm mich Surborg mit auf die Reise und ließ mich eintauchen…
…in das Elfenland.
Spätestens hier dürfte jedem bewusst sein, dass Xoa zwar meine erste, doch sicherlich nicht letzte Begegnung mit Lisanne Surborg war. Liefert sie hier doch nicht einfach ab, sondern betört; betört durch die Groteske des Schwelgens.
Beinahe scheint es wie ein makaberes Zwischenspiel, das sich inmitten von Faktum und Phantastik, Schmerz und Erlösung, Trauer und Wahn, bettet… und entschläft; in diesem Moment reinkarniert – und sei es nur, um des Sterbens willen.
Nun folge zuerst das (leider) noch immer notwendig erscheinende STOP!
Bleibt dem Leser einzig die Assoziation des menschenfressenden Untoten, darf hier abgebrochen werden.
Folgt der Schaulustige einzig dem Gedanken an Blut und Gedärme, braucht es keine weitere Zeile.
Hier findet sich wahrhafte Horror-Literatur, die ihr Grauen im Beschreiten des Pfades und nicht dessen explizierter Beschreibung birgt.
Die Perspektive konzentriert sich auf die Konsequenz und suhlt sich nicht im Lebenssaft des Begebnisses.
Die Ohnmacht, die Surborg ihren Lesern darbietet – denn das ist es: eine Darbietung, ein Akt des Begehrens – offenbart sich tatsächlich nicht in der Konfrontation; diese ist gegeben, ohne Frage! – offenbart sich nicht in der Widerwärtigkeit; diese will sich weder gesucht wissen, noch muss sie erst gefunden werden! – nein, sie offenbart, entfaltet sich, als das Innere und das Äußere, das Hier und das Jetzt.
Die Inexistenz der Relation, denn Entzug setzt den Bestand voraus, schafft weniger, als dass sie grundsätzlich erschaffen lässt.
In dieser beständigen Schöpfung hat Surborg den Diskurs monologisiert; konzentriert; fokussiert; singularisiert.
Ein Mann, der zwei Mädchen gefangen hält.
Ein Antagonist, der den Protagonisten lebt.
Ein Protagonist, der die Antagonisten darstellt.
Eine Verzweiflung, die nach Erlösung strebt.
Hoffnung…
Je länger ich mich mit Surborgs Protagonisten beschäftige, desto unwirklicher scheint mir die klare Differenzierung, die sich mir zu Beginn noch bot. Es wird immer klarer, dass jegliche klassifizierende Einordnung nicht funktioniert; weder kann, noch will oder soll.
So mag das Buch bereits vor Tagen beendet worden sein, doch bleibt mir die Dialektik treuer Begleiter.
Das Böse, dieser Antagonist, die Klassifizierung, die wir als Humanismus in uns tragen, findet hier ihr Spiegelbild; zeigt hier die Fratze, die nicht existieren darf!
Denn was bleibt, wenn die Relation bestandslos ist…
Gut, böse, richtig, falsch – ein fragiles Konstrukt der Momenthaftigkeit.
Xoa gleicht der Träne, die aus den Augen der Menschlichkeit weint, ist das Brennen, wenn die Narbe der Wirklichkeit bricht, ist die Erinnerung an das Gestern, das wir uns zu unserem Morgen schaffen…
Vielleicht – vielleicht glaubt man einen Blick durch Prousts Augen zu erhaschen; vielleicht – vielleicht glaubt man sich bisweilen Sartres Dramaturgie gegenüber; vielleicht – vielleicht glaubt man sich auch Ketchums Vehemenz ausgesetzt; oder vielleicht – vielleicht glaubt man in diesem Moment auch einfach: an Xoa und an Lei – an Engel und das Elfenland.
Ich habe bestanden!
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