Ein Waisenkind findet in einer streunenden Katze einen echten Seelenverwandten, einem charismatischen Fernsehmoderator fliegen alle Herzen zu, für eine junge Frau geht ihr sehnlichster Wunsch in Erfüllung, eine einsame Liebesbuchautorin findet einen Menschen, mit dem sie ihr Leben und ihr Heim teilen kann und jemand ist unterwegs, um sich endlich seinem Peiniger zu stellen.
So einfach könnte es sein. Aber nichts im Leben ist so einfach.
Fünf Menschen, fünf Leben.
Eine gemeinsame Geschichte.
Ein gemeinsamer Albtraum.
Absicht und Resultat.
Im Grunde eine Gleichung. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit, die keiner größeren Erwähnung bedarf – zumindest sofern kontrolliert.
Absicht und Resultat…
Absicht war, die einmal wieder eher enttäuschenden Abstecher in die Gefilde der deutschsprachigen Phantastik zu vergessen, oder zumindest zu relativieren.
Absicht war nicht enttäuscht zu werden und eine temporäre Berieselung zu genießen – ein "leichtes" Buch.
Absicht und Resultat; und hier dann eben als Ungleichung, als unkontrolliert und… froh darüber!
»Hölle ist kein Ort, Hölle ist ein Zustand!« (Schweisser: Eisenkopf – Hölle, 1994)
Eben das ist es, was man in Faye Hells Keine Menschenseele findet – was dort lauert: der Zustand der Hölle.
Statt einer seichten Lektüre, sticht, brennt, weint, schreit, … – nicht an oder auf, weder einer noch der Grenze; nein, die Grenze selbst! – diese Ausnahmeautorin, eine Mannigfaltigkeit des Schmerzes, hinter den Tränen, die nie vergossen wurden, in, ja, förmlich durch meine Empathie; nährt, mästet sie mit dieser finalen Konsequenz… des nie Erwachens und ewigen Sterbens.
Ein Drama, welches keine Zeit der Trauer lässt, denn nichts soll von dieser Wahrheit ablenken.
Der bisweilen psychodelische Wahn aus Garrett Cooks A God of hungry Walls kollaboriert mit Stavaričs irrsinniger Poesie, trifft auf Poes wolkenverhangenen Horror und umgarnt mit Büchners ausschweifender Lyrik; ein Strudel, ein Orkan, ein alles in sich haltendes Tränenschloss aus Hoffnungslosigkeit und Agonie.
Gleich einem Wundbrand frisst sich jede Seite, jedes Wort tiefer und unbarmherziger in diesen niemals enden wollenden, niemals enden könnenden, niemals enden sollenden Tod, in diesen Albtraum, welcher sich tatsächlich erst durch das Erwachen zu diesem manifestiert.
Tatsächlich finden sich hier weniger fünf Geschichten, die alsbald zu dieser einen Wahrheit verschmelzen, als fünf Perspektiven (oder Perspektivlosigkeiten?), die alsbald zu einer Frage verschmelzen und deren Antwort nur eine endgültige Wahrheit in der Vorläufigkeit des Moments ersehnt – die Perspektivlosigkeit als letzte Bastion.
Faye Hell hat hier ihrem Synonym alle Ehre gemacht: sie zeigt eine Hölle, die aus dem Herzen betrachtet wird – durchlebt wird…
Gelebt ist.
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