Stefan Bachmann – Palast der Finsternis

Die Außenseiterin Anouk ist mit vier anderen Kandidaten nach Paris gekommen, um einen lange verschütteten unterirdischen Palast zu erforschen, den ein verrückter Adliger zur Zeit der Französischen Revolution als Versteck für seine Familie erbauen ließ. Doch nachdem die Jugendlichen einmal durch die Tür mit dem Schmetterlingswappen getreten sind, erwartet sie in jedem weiteren Raum ein neuer Abgrund, den sie nur gemeinsam bezwingen können.

 

Erst einmal möchte ich dem Diogenes Verlag danken, uns dieses Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt zu haben. Wir haben dieses Buch auf der Frankfurter Buchmesse entdeckt und kurz mit zwei sehr netten Damen am Stand sprechen können. Das war eine schöne Erfahrung, da wir sehr freundlich empfangen wurden, obwohl unser Blog doch sehr klein ist. Vielen herzlichen Dank dafür!

Nun zu diesem großartigen Werk der Jugendliteratur: ein wahres Juwel unter den Jugendbüchern! Ich habe selten ein Buch in diesem Genre gelesen, das so literarisch geschrieben war. Ein Fest für jeden Liebhaber der erlesenen Sprache. Stefan Bachmann schafft es, mit seiner Wortwahl eine Stimmung zu erschaffen, die eines Edgar Allan Poe würdig ist und dieses unterschwellige Gruselgefühl erzeugt. Dadurch, wie er seine Beschreibungen aufbaut und welche Worte er wählt, hat der Leser immer das Gefühl, dass selbst harmlose Situationen irgendwie falsch wirken. Immer will man sich umblicken, um das Böse in einem versteckten Winkel zu entdecken, ohne wirklich zu wissen, warum man dieses Bedürfnis hat – denn die Situationen am Anfang des Buches wirken wirklich harmlos… Wenn nur nicht seine Wortwahl wäre. Für mich ist das wirklich gut geschrieben. Hier auch ein Lob an die Übersetzerin!

Schnell spürt man, dass an der ganzen Geschichte etwas faul ist, dass alles nicht ganz stimmen kann, dass im Hintergrund etwas lauert. Die Geschichte wird von Seite zu Seite spannender und die Charaktere in immer neue, unheimliche Situationen hineinversetzt. Obwohl es ein Jugendbuch ist und die typischen Motive auch hier vorhanden sind, ist es nicht so kitschig wie manch anderes und auch nicht so platt geschrieben, wie vieles, was man heutzutage im Buchhandel findet. Die Stimmung ist düster und gespenstisch, wird im Laufe der Geschichte immer bedrohlicher und doch kann man nie ganz hinter die Kulissen blicken. Die Jugendlichen müssen sich durch einen Palast schlagen, der voller unheimlicher Räume und Gestalten ist.

Sie wissen nie, auf wen sie sich verlassen können und wem zu trauen ist. Auch die Gruppendynamik ist geprägt von Misstrauen, aber durch den Wunsch zu überleben, müssen sie sich zusammenraufen und sich auch immer mehr ihren Mitstreitern öffnen. Anouk, die Hauptfigur, ist eine tragische Persönlichkeit. Nach außen stark und unnahbar, ja richtiggehend „ätzend“, öffnet sich immer mehr. Wenn man am Ende ihre Lebensgeschichte liest, ist diese verstörend und zutiefst traurig. Immer mehr erfährt man auch von den Anderen, und doch sind diese Lebensgeschichten am Ende ganz egal. Verwoben mit der Geschichte der Jugendlichen ist immer auch die Geschichte der Bewohner des Palastes, die vor 200 Jahren dort lebten. Diese Geschichte ist unmittelbar mit den Geschehnissen verwoben und ergänzt die Geschichte ganz wunderbar. Auch hier ist immer das Gefühl da, dass Etwas dort draußen lauert, dass Etwas dort ist, das nicht in unsere Welt gehört…

Das Finale ist beängstigend. Verstörend. Unheimlich und doch so menschlich. Die Geschichte der vergangenen Bewohner des Palastes und der Jugendlichen, die in ihm um ihr Überleben kämpfen, schließt sich wie ein Kreis. Ein wunderbares Finale, dass doch ganz anderes ist, als man es von einem Jugendbuch erwarten würde und das doch hervorragend passt. Und auch hier wird es nie kitschig, obwohl die Gefühle aller Beteiligten eine große Rolle spielen. Das sagt mir persönlich sehr zu.

Insgesamt ein sehr literarisches, intelligentes Jugendbuch. Für mich eines der Highlights des Jahres! Ich hätte nie erwartet, ein solches Buch bei Diogenes zu finden, und doch passt es zum literarischen Anspruch des Verlags. Wer wirklich gut geschriebene Jugendbücher mit Intelligenz und Anspruch mag, sollte dieses hier lesen. Ich bin restlos begeistert!

 

 

Stefan Bachmann - Palast der Finsternis

 

Autor:
Titel:
Seitenzahl:
400 Seiten
Verlag:
Ausgabe:
Taschenbuch
ISBN:
978-3-257300-55-0

 

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Verfasst von:

Even the smallest person can change the course of the future.

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