Ein verschwundener Wald. Unheimliche Drohbriefe. Und ein überforderter Ex-Organist, der Licht ins Dunkel bringen soll.
„Waldsterben in Vertikow“ ist Peer Wesendonks zweiter Fall.
Kaum hat Peer seinen ersten Fall gelöst, wartet schon eine neue: Acht Hektar Wald wurden abgeholzt und gestohlen. Der örtlichen Forstfirma droht der Ruin, halb Vertikow wäre arbeitslos. Wer tut so etwas? Und wie weit wird der Täter noch gehen?
Bei seinen Nachforschungen entdeckt Peer firmeninterne Unregelmäßigkeit und finstere Motive im Kreis der Verdächtigen. Bald bringt ihn sein neuer Fall nicht nur quer durch Vertikow, in den Wald und ins Schloss der Baronin von Radenow-Werthenbach, sondern sogar in Lebensgefahr…
Bereits bei meiner Rezension zu Erntedank in Vertikow habe ich es angemerkt: Krimis sind (eigentlich) nicht wirklich mein Genre.
Umso überraschter war ich, mit welcher Leichtigkeit Frank Friedrichs mich mit seinem Debüt zu packen wusste! Selbstverständlich musste ich nach einer solchen (schönen) Erfahrung die Probe auf’s Exempel machen und auch den zweiten Band über Friedrichs Semi-Antihelden Peer Wesendonk lesen – Operation gelungen, Patient lebt!
Obwohl es mir durchaus bewusst ist, dass es sich bei Vertikow um einen fiktiven Ort handelt und ich noch nicht einmal in Mecklenburg-Vorpommern lebe, war es ein Gefühl des nach Hause kommens, mit welchem mich Frank Friedrichs binnen weniger Seiten zu begrüßen schien. Ein herrliches Gefühl der Vertrautheit und heimeliger Atmosphäre erwartete meine Heimkehr.
Peer, Sascha, die alte Treskow… Home sweet Home.
Waldsterben in Vertikow beginnt 19 Tage nach dem ersten Band, Erntedank in Vertikow.
Kaum hat Peer seinen ersten Fall gelöst, stolpert (in Peers Fall wäre "rollt" wohl die bessere Wahl) schon in seinen nächsten Fall: acht Hektar Wald wurden gestohlen!
Durch seine Vorgeschichte (ich möchte nicht aus dem ersten Band spoilern) wird Peer mittlerweile als Detektiv angesehen, was dazu führt, dass er sich alsbald im Schloss der Baronin wiederfindet, um sich seinem neuen Fall anzunehmen.
Der erste Band war schlichtweg grandios; vieles ließ sich vermuten, nicht aber, dass es sich um ein Debüt handelte!
Der hier vorliegende zweite Band schafft es nun tatsächlich den ersten Band noch einmal zu übertreffen!
Ich möchte weniger von einer Entwicklung, als einem (oder eben dem) Feinschliff sprechen – denn das ist es, was aus einem Diamanten (Erntedank in Vertikow) einen Brillanten (Waldsterben in Vertikow) macht.
Friedrichs hat es vollbracht, die wunderbaren Nuancen herauszuarbeiten, die Ecken gekonnt zu glätten und die Kanten meisterhaft zu betonen. Wo er im ersten Band noch einen thrilling crime mit viel Herz und Charme darbot, serviert Friedrichs hier einen Cosy Crime à la carte: spannend, liebevoll, kratzbürstig und heimelig.
Besonders gefallen hat mir die ungewohnte Fokussierung: denn wo typischerweise der Fokus auf einer (oder eben der) Leiche liegt, steht hier die Tat (da schlichtweg keine Leiche – bzw. kein "klassischer" Mord) im Vordergrund.
So ist es diese herrliche Vertrautheit, mit der Friedrichs umgarnt. Statt dem Leser, wie allzu oft, (s)eine Fiktion in der Distanz darzustellen, lädt er in seine Phantastik ein (und eben genau hier liegt die Besonderheit von Frank Friedrichs‘ Stil!) und lässt so miterleben – lässt partizipieren und bewusst erleben.
Man betritt keine fremde Utopie, sondern reflektiert das "gestern Abend" – diese Selbstverständlichkeit, die eben womöglich bereits am nächsten Straßeneck wartet.
Auf den letzten circa zwanzig Seiten wird dann plötzlich das Gaspedal bis auf’s Bodenblech gedrückt und aus dem vertrauten Knattern eines VW Käfers (als Metapher für die liebevolle Gemütlichkeit), mutiert ein fauchender Eagle Speedster (denn dem Stil wird treu geblieben), der mit Höchstgeschwindigkeit auf den bereits jetzt heiß erwarteten nächsten Fall von Peer zurast.
Nun bin ich eben kein großer Krimi-Leser, was es für mich schwer macht Vergleiche anzustellen oder mich an (persönlichen) Referenzen zu orientieren (da gibt’s eben nicht viel) – somit spricht hier nun eine recht objektive Meinung mit einem gesund-subjektiven Herz:
trotz mangelnder Kenntnisse in diesem Genre, glaube ich einiges zu finden und wieder zuerkennen; so trifft hier ein Serotonin-beschwipster Stieg Larsson, auf einen gutmütigen Ian Rankin (offizielle deutsche Webseite) – anfänglich undurchsichtige Beziehungsgeflechte finden sich auf einem Schauplatz, der, gleichwohl fiktiver Natur, zum erkunden neugierig macht und zum verweilen einlädt.
Die Liebe lässt Friedrichs nicht im Detail versteckt, sondern schenkt dem Leser mit Vertikow, einer Fiktion innerhalb der Realität (Phantastik!), letztlich eine Art von High Fantasy als Cosy Crime.
Aus Fiktion schafft er eine neue Heimat, aus Protagonisten macht er Nachbarn… man fühlt sich weniger als Leser, denn aktiver Teilnehmer des Geschehens; oder wie eingangs geschrieben: man fühlt sich zuhause.
Lieber DaRo,
auch an dieser Stelle noch einmal ein riesengroßes Dankeschön für die Rezension, die mich mitunter denken ließ, dass eigentlich gar nicht ich bzw. mein Buch gemeint sein kann. Jetzt hoffe ich nur, dass Band 3 auch nur annähernd ein ähnliches Niveau erreicht …
Liebe Grüße
Frank
Lieber Frank,
wie sehr es mich freut, dass dir die Rezension gefällt! 🙂
Ich freue mich schon auf die neuen Erlebnisse und Ermittlungen in Vertikow!
Ich mache mir da ehrlich gesagt gar keine Gedanken bei dir – du schreibst einfach zu schön, als dass es mir nicht gefallen könnte. 🙂