Samuel R. Delany – Hogg

First written thirty-five years ago and completed days before the Stonewall riots in New York, Hogg is one of America’s most famous „unpublishable“ novels. It recounts three horrifically violent days in 1969 in the life of truck driver and rapist-for-hire, Franklin Hargus. Narrated by his young accomplice, the novel portrays a descent into unimaginable depravity, a hell comprised of the filth and brutality civilization exists to forget. What transforms this nightmare into literature is Delany’s refusal, faced with our moral anxieties, to mutilate his appalling creation. Hogg’s monsters wear our faces, possessing the human complexities of intense loyalty, perverse admiration, and an integrity so pure that pity becomes betrayal. No reader can be prepared for such a story. It is a stunning achievement.

 

In den 60er-Jahren geschrieben und erst über zwanzig Jahre danach (1995) gewagt endlich veröffentlicht zu werden… Hogg.

Weniger Zeitzeuge, als Moment, als Begleiter, als Repräsentant der Allgegenwärtigkeit… Hogg.

Sexuelle Ausuferung, sexuelle Gewalt, Sex, Vergewaltigung, Pisse, Scheiße, Dreck, Entwürdigung… Hogg.

Seite 4 – Peritext:
» 1. Vergewaltiger—Fiktion. 2. Sexualverbrechen—Fiktion. 3. Pädophilie—Fiktion. 4. Opfer von Gewaltverbrechen—Fiktion. 5. Kinder—Verbrechen gegen—Fiktion. «

Es ist schwer in Worte zu fassen, was man hier findet. Schwer zu definieren, was hier auf den Leser wartet und warum man sich überhaupt mit diesem Werk konfrontiert – von der möglichen Auseinandersetzung der hier dargebotenen Blasphemie ganz zu schweigen.
Blasphemie, in Form von Kritik.
Kritik an diesem göttlichen Abbild, dieser ewigen Götze, die sich selbst keinen Glauben schenken will…: Mensch.

Hogg – Samuel Ray Delany Jr.:
libidinöser Terror, animalische Brachialgewalt, entwürdigende Perversion…

Es ist schwer möglich diesen Akt zu beschreiben – ihn auf eine Handlung zu reduzieren.
Auf das geschriebene Wort reduziert, würde man wohl von einem Kind/Jugendlichen und der Welt der sexuellen Perversion sprechen. Doch hat Delany mit Hogg soviel mehr geschaffen!
Als Leser watet man durch eine literarische Entartung, die unter ihrer Offensichtlichkeit, eine Tiefe birgt, die weniger unergründlich, als begreiflich ist.

Hogg ist weder nur Inhalt, noch einzig Interpretation – Hogg ist nicht roh, es ist lebendig; es ist Kunst!
Paul Klee (18. Dezember 1879 – 29. Juni 1940) meinte einst, Kunst gäbe nicht das Sichtbare wieder, sondern mache sichtbar – und eben dies hat Delany hier getan: er hat es sichtbar gemacht, hat es herbeigeholt!

Es ist einfach da… und bleibt…

 

Die Hölle, das sind die anderen.
(L’enfer, c’est les autres.)

Jean-Paul Sartre (21. Juni 1905 – 15. April 1980)

 

Die Anderen…
Die Hölle…

Das ist es, was man hier findet. Das ist es, was hier regelrecht wartet – nicht, um gefunden zu werden, sondern wegen seiner unbestreitbaren Präsenz.

Franklin Hargus.
Hogg.
Cocksucker.

Cocksucker!

Noch nicht einmal einen Namen bekommt er geschenkt, doch bleibt er trotzdem – oder gerade deswegen(?) – weniger Protagonist, denn Repräsentent – tatsächlich "Charakter", nicht jedoch als Individuum, doch als Entität.
Alleine schon dieses, im Verlauf nicht nur stilistische, sondern prägende Element, weist die Richtung, die Delany mit Hogg vorgibt.
Nach unten? Eben nicht! "Unten" sind wir bereits – kriechen auf diesem schleimbenetzten Grund noch nicht einmal mehr in, sondern bereits durch das Verderben.
Kein Weg, den man hätte bestreiten können, kein Geleit, kein Locken…

Es ist einfach da… und bleibt…

 

Wenn du lange in einen Abgrund blickst, blickt der Abgrund auch in dich hinein.

Friedrich Nietzsche (15. Oktober 1844 – 25. August 1900)

 

Delany beraubt nicht – er entmündigt von der ersten Seite an: seine Welt, seine Geschichte, seine Zeit – doch dauert es noch etwas bis man merkt, "Er" ist der Abgrund, der unverhohlen in mein Innerstes starrt, denn bereits nach der ersten Seite, habe ich zu lange in ihn geblickt.

Entmündigung… selbst der Werte!
Alsbald verstehe ich, mich keiner unfassbaren Selbstverständlichkeit gegenüber zu sehen, sondern einer gottlosen Sachlichkeit – ja, mehr noch: einer Neutralität; einer Sterilität, in der ich, als Bakterium existenzlos verbleibe…

Entmündigung… selbst der Existenz!
Keine Werte… nicht wertfrei, totale Entwertung!

So ist Hogg womöglich weniger extrem, als nah; als realistisch; als alltäglich; als nun eben doch ausgesprochen, über was man nicht spricht…

…und so wäre es womöglich eben doch "extrem" , würde es sich einer Bewertung hingeben.

Es ist einfach da… und bleibt…

 

Es ist möglich, einen Menschen zu lieben – wenn Du ihn nicht so gut kennst.
(Of course it’s possible to love a human being if you don’t know them too well.)

Charles Bukowski (16. August 1920 – 09. März 1994)

 

Ein Zeitzeuge der Evolution: Menschlichkeit.
Humanität… ohne dramatisches Aufgebaren, keine lyrische Darstellung und ebenso wenig reduziert; nein, nüchtern; sachlich – prosaische Deskription.

Pervers, widerwärtig, krank, abstoßend –
primitiv, natürlich, ordinär, ursprünglich.

Hogg offeriert keine Option, schenkt keine Perspektive, bietet keine Alternative…

Es ist einfach da… und bleibt…

 

Schau auf mich herab, und du siehst einen Narren,
schau zu mir auf, und du siehst einen Gott,
schau mich an, und du siehst dich selbst.
(Look down at me and you see a fool,
look up at me and you see a god,
look straight at me and you see yourself.)

Charles Manson (12. November 1934 – 19. November 2017)

 

Es
Ich bin einfach da… und bleibe.

 

 

Samuel R. Delany - Hogg

 

Autor:
Samuel Ray Delany
Titel:
Cover Photo:
Scott Groeniger
Cover Design:
Katrina A. Ferguson
Auflage:
2. Auflage
(2004)
Seiten:
270 Seiten
Verlag:
Ausgabe:
Taschenbuch
(auch als eBook erhältlich)
ISBN:
978-1-573661-19-5

 

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Verfasst von:

Ph'nglui mglw'nafh Cthulhu R'lyeh wgah'nagl fhtagn

2 Kommentare

  1. Schwierig zu unterscheiden: Wo ist hier Buchbesprechung, was ist Wiedergabe von Zitaten von anderen. Sieht ein bisschen sehr zusammengewürfelt aus. Schade. Chance zu einer ehrlichen Buchkritik vertan.

    • DaRo
      23. September 2018
      Antworten

      Über Geschmack lässt sich ja bekanntlich (nicht) streiten – so wohl auch hier; sei es über das Design oder den Stil.
      Die Kritik, die Chance einer ehrlichen Buchkritik vertan zu haben, möchte ich so allerdings nicht stehen lassen: denn diese Impression ist durchaus ehrlich! Keine, wie mir scheint von dir gesuchte und hier nun wirklich nicht zu findende Sachlichkeit, der man sich ungehindert hingeben kann, sondern eben eine Apperzeption, die eine Auseinandersetzung braucht – womöglich fordert.
      Schade. Chance zu einer ehrlichen Auseinandersetzung vertan. ;o)

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