EDEN.
Einst eine Stadt, gegründet von zwei Brüdern im gemeinsamen Wunsch auf einen friedlichen Neubeginn.
Heute herrscht eine strikte Teilung in zwei Bezirke, die Brüder sind verfeindet. Eine Seite erblüht, die andere ist dem Untergang geweiht.
Als der Winter kommt und die Nahrung knapp wird, scheitern alle Versuche auf eine friedliche Vereinigung.
Der Kampf ums Überleben beginnt und wandelt Wagemut in Wahnsinn, Hoffnung in Verzweiflung.
Denn nicht nur die Menschen haben Hunger…
Die Zombies marschieren wieder durch Deutschland – wurde aber auch Zeit!
Zombie Zone Germany; eine Reihe, die mir einfach Spaß macht.
Angefangen als Anthologie, hat sich daraus eine (kleine) Serie an Novellen entwickelt, bei denen der Name Programm ist: Deutschland und die Zombie-Apokalypse (Zombiekalypse?).
Matthias Ramtke ist nun neustes Mitglieder der "ZZG" und stellt mit Blutzoll sein "Zonen-Debüt" vor.
Deutschland ist zerstört. Womöglich die ganze Welt, doch was spielt das schon für eine Rolle – immerhin gibt es Eden.
Eden, dieses eine Domizil, diese eine Bastion; gleichwohl geteilt… entzweit.
Zwei Brüder, die um ihre Liebe vergessen haben und sich nun als Herrscher zweier Städte gegenübersehen – und der Winter naht.
Hier geht es nicht um das nackte Überleben – tatsächlich geht es hier um das Leben selbst!
Was bereits nach den ersten 20 bis 30 Seiten auffällt: das TARDIS-Kuriosum; it’s bigger on the inside.
Auch wenn Blutzoll die bisher längste Novelle aus der Zombie Zone Germany ist, ist sie trotzdem eben das: eine Novelle!
195 Seiten: was für King den Prolog darstellt, weiß Ramtke mehr als geschickt mit Leben zu füllen; er schenkt dem Leser die Vorgeschichte, die Entstehung, den Zerfall, ohne dies explizit darzustellen. Stattdessen sind es einzelne Fetzen (wie passend für die "ZZG") der Erinnerung, die er dem Leser präsentiert, auf dass sich dieser die Vergangenheit selbst entsinnt.
Gerade zu Beginn zeigt Ramtke, was er kann:
der Prolog erinnert an eine kleine Hommage auf Vincent Voss' Faulfleisch (Verlag Torsten Low, 2012), ohne dabei jedoch den Individualismus zu verlieren. Was folgt, lässt an eine Interpretation des Gouverneur aus The walking Dead denken – und auch hier wieder diese Eigennote, die es doch wieder zu etwas Neuem formt.
So macht Ramtke bereits am Anfang eigentlich alles richtig: das erste kurze Aufrütteln, das Schwelen unter dem augenscheinlichen Deckmantel der Ruhe – eine weniger rohe, als sachliche Bestimmtheit. Statt superlativierter Plakativität, die für Distanz sorgt, wartet hier diese in ihren Bann ziehende Mixtur aus Erkenntnis und Bewusstheit.
Er schafft es, nicht emotionslos, sondern mit eben nicht emotionsgeschwängerter Theatralik zu locken – womöglich wäre "emotionsstabil" eine passende Umschreibung.
Alsbald droht er sich nun allerdings in seinem Schaffen zu verlieren; stellenweise schabt, stellenweise kratzt er an der Grenze der Theatralik, doch überschreitet diese nicht!
Hier fehlt es womöglich noch ein wenig an der Souveränität eines erfahreneren Autors, was jedoch einen gesunden Sympathiebonus schafft.
Interessant wäre hier die Rohfassung vor dem Lektorat – man kann sich durchaus die zähmende Arbeit des Lektors vorstellen.
Nach circa der Hälfte des Buchs nimmt die Story dann (wortwörtlich) Fahrt auf, was Ramtke auch durchaus zu gefallen scheint. Beinahe spielerisch steigert er die Geschwindigkeit, um es schließlich auf einem schnellen, aber (bewusst) nicht hohem Tempo zu halten; kein Sprint, vielmehr ein Marathon – im Laufschritt durch den Zerfall (ein klein wenig wage ich an Euphoria Z (Luke Ahearn, CreateSpace Independent Publishing Platform, 2014; dt.: Euphoria Z – Das erste Buch, Luzifer Verlag, 2015) zu denken).
Sehr schön: statt die Perspektive auf die Stadt und die Entwicklung zu lenken, schenkt Ramtke dauerhafte Einblicke in die Leben seiner Protagonisten, auf welchen sich jegliches Geschehnis ja erst begründet. So wird dem Leser eben keine Action-Drama-Plattitüde um eine Katastrophe vor die Füße geschmissen, sondern ein durchaus diffiziler Niedergang dargelegt, der aus der ursprünglichen Katastrophe entstand.
Zugegebener Maßen hatte ich, begründet auf dem Klappentext, meine anfänglichen Bedenken:
Eden, zwei Brüder – das klingt schon sehr nach Bibel.
Eine Stadt, geteilt, Deutschland – natürlich denke ich da (nicht zuletzt, da ich hier in Berlin sitze) an die Berliner Mauer.
Will man nun Vergleiche ziehen, wird man dieses können – doch eben nie, ohne dabei der bewussten Absicht des Autoren und der damit verbundenen Notwendigkeit und Richtigkeit zu begegnen. Es ist weder rügendes Memento auf den Bruderkonflikt, noch Klagelied auf die deutsche Teilung, sondern ein bewusstes Besinnen und ehrliches Entsinnen. Eine Muse der Rückbesinnung als mögliche Konsequenz.
Eine Sache soll nicht unerwähnt bleiben: das Cover!
Hier wurde nicht mal eben ein Zug geknipst und das Preset drüber gehauen, sondern eben der Zug, welcher auch tatsächlich im Buch erwähnt wird als Titelbild gewählt. Das, werte Verlage mit 08/15-Stocks und Free-Brushes, ist ein Cover, wie es sein sollte!
Auch beim Cover geht es um Wertschätzung: dem Autoren, dem Buch, dem Verlag und dem Leser gegenüber!
Hier sollte sich so mancher Verlag einmal eine dicke Scheibe abschneiden, bevor er eine weitere Hochglanz-Schmiererei , die im Bestfall interpretativ mit dem Inhalt des Buchs zusammenfindet, auf die Menschheit loslässt!
Ok, ich schweife ab, aber es muss doch auch mal gesagt werden.
Zu Beginn habe ich bereits den kurzen Vergleich mit Voss‘ grandiosem Roman Faulfleisch angestellt.
Auch in der weiteren Geschichte hat mich Voss verfolgt (bezogen auf seine Rolle, wohl eher beschützt) – einen Protagonisten in einer Zombie-Novelle Vincent zu nennen, der zudem den Spitznamen "Bär" trägt, lässt mich unweigerlich an Vincent Voss denken…
…und jeder wird sich vorstellen können, wie genial es ist, ein Buch mit Vincent als Protagonisten zu lesen!
Allerdings ist das tatsächlich "nur" das Sahnehäubchen dieses durchaus gelungenen Debüts.
Ramtke weiß nicht einfach zu überzeugen, er weiß zu zombifizieren – und was könnte man von einer Zombie-Novelle mehr verlangen?
Alles richtig gemacht?
Zum Glück nicht! Wie wäre Eden sonst das, was es nun. . .
. . .
Entschuldigt – keine Zeit mehr… Ich muss zurück.
»Victorias letzte Rettung!«
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