Michael McDowell
– Die Elementare –

Die Familien McCray und Savage freuen sich auf einen erholsamen Sommer in Beldame an der Golfküste von Alabama, wo drei viktorianische Villen am Strand stehen. Zwei der Häuser sind bewohnbar, während das dritte langsam und geheimnisvoll unter einer riesigen Düne aus feinem weißen Sand begraben wird.
Obwohl es schon lange sich selbst überlassen wurde, ist das Haus nicht ohne Leben. Drinnen lauert etwas Tödliches. Etwas, das die Erwachsenen schon erschreckt hat, als sie noch Kinder waren, und das sie immer noch in ihren Albträumen verfolgt…

 

Sie erhebt sich förmlich vor meinen Augen – meinem Geist…
Diese Gruft, die ich bereits mit der ersten Seite betrete; in die ich hinab steige – keine gähnende Leere, kein alles verschlingendes Schwarz…
Gierendes Grau; die vergessenen Augen, die mich aus den Spalten der Zeit erwarten…
…warten.
Die Ewigkeit hat sie gelehrt, dass sie nicht lauern müssen, nur warten…
…warten.

Klassische Moderne – eben so scheint mir die einfachste und schnellste Be- oder Umschreibung von Die Elementare.
Inhaltlich lauert hier eine klassische Gothic Novel; Grusel, Horror, Gänsehaut und Stille – diese alles übertönende Stille…
Stilistisch zeigt sich McDowells Werk dagegen durchaus modern; die Sprache und das Setting sind in einer wunderschönen Zwischendimension erdacht: man sieht sich einfach da, ist einfach Teil einer scheinbaren Zeitlosigkeit.
Diese Mixtur aus durchdachter Sprache und zeitlosem Southern-Gothic materialisiert sich förmlich vor meinen Augen und wird zu einem Kammerspiel, das ich weniger erlebe, als ihm beiwohne:
kein ziehen, reißen oder zerren – ein betten in den Schwaden der Unvermeidlichkeit.

Selbst die Protagonisten scheinen weniger von McDowell erdacht, als aus einer exaltierten Groteske beschworen; gerade zu Beginn treibt er so ein herrliches Spiel zwischen der Exzentrik der Existenz und dem schwanenden Übel der Anwesenheit.
Diese Skurrilität entartet nun allerdings nicht zu einem chargierten Possenspiel, sondern entwächst sich förmlich selbst – wie aus einem Kokon entschlüpft, breitet dieses obligate Drangsal seine Schwingen über mir aus und bettet mich behutsam in den Schatten der Reminiszenz: tatsächlich hat mich McDowell wieder ein Kind sein lassen; hat mir einen Teil der Erinnerung zurück gebracht, als ich das erste Mal in der Düsterheit von Edgar Allen Poe versank…

So liegt hier in der Ruhe nun auch weniger weniger die Kraft, als die Angst – als das Grauen, welches nicht mich, sondern ich es heimzusuchen scheine, als der Schrecken, welcher im Sand der Zeit, der sich als verstiegene Dünenwand vor mir erhebt, seiner unnatürlichen Ewigkeit bewusst, ruht…

Nein, Die Elementare ist kein Buch, das man mal eben zwischendurch lesen kann, es ist keine klassische Haunted-House Novelle und wird den sensationsgeilen Blutdurst nicht stillen – es ist der starre Blick im Nacken, der sich formlos in die Angst frisst, das Lauern in den Schatten, dem man seit dem Kindesalter zu entkommen versucht, die Superlativierung des Schweigens, das aus der Stille klagt!

McDowell hat mit Die Elementare Gothic Fiction auf die Spitze getrieben: die ganze Novelle lebt – atmet förmlich die schale Luft des Unausgesprochenen, blutet die unsterbliche Fäulnis der Persistenz…

…und wartet.

 

…zur Übersetzung

Wie die aufmerksamen Leser unseres Blogs wissen dürften, lese ich englischsprachige Bücher normalerweise im Original.
Warum ich trotzdem Festa lese?
Weil ich die Menschen hinter dem Verlag schätze, mich die Leidenschaft begeistert, mich das Programm anspricht, es mich freut, dass so Bücher jedem zugänglich gemacht werden, ich ein kleiner Fanboy bin, etc. pp. – sucht euch was aus.
So oder so muss aber auch ich mich meinen finanziellen Grenzen fügen und kann mir eben nicht jedes Buch (in verschiedenen Editionen) kaufen; so auch hier.
Ich besitze die englischsprachige Ausgabe, nicht aber die Übersetzung von Festa – ich beziehe mich nun also auf die Leseprobe, die Festa immer zur Verfügung stellt (und welche man als durchaus repräsentativ betrachten darf):
ich bin bei Übersetzungen recht zickig – geht es dann noch um Bücher die ich (sehr) mag, wird die Sache nicht einfacher…
Umso beruhigter war ich zu sehen, dass das Lektorat von "Felix F. Frey" übernommen wurde – ich lasse das jetzt einfach einmal so stehen und danke der Person hinter diesem Namen (einmal wieder) für seine Leidenschaft! Denn tatsächlich ist dieser Name bereits ein Indiz für die Qualität der Übersetzung, welche wirklich sehr gut gelungen ist!
Patrick Baumann hat die Atmosphäre aufgefangen, ohne sich dabei der Interpretation hinzugeben oder als Dolmetscher zu fungieren. Hier zeigt sich (einmal wieder), dass auch eine Übersetzung Spaß machen kann und der Leser eben nicht mit einem Verlust des Ursprungswerks zu rechnen hat!

Gerade bei einem Werk wie Die Elementare, welches von seiner Atmosphäre lebt und es letztlich um das geht, was eben nicht geschrieben steht, sondern sich zwischen den Zeilen manifestiert, ist es unglaublich schwer mit einer Übersetzung dem Original gerecht zu werden.
Festa schafft es hier einmal wieder auf ganzer Linie zu überzeugen: nicht nur die Übersetzung ist einmal wieder gelungen, sondern auch die Aufmachung des Buchs wird diesem Klassiker mehr als gerecht!

 

 

McDowell, Michael - Die Elementare

 

Autor:
Michael McDowell
Titel:
original Titel:
Übersetzer:
Patrick Baumann
Lektorat:
Felix F. Frey
Auflage:
1. Auflage
(Februar 2019)
Seitenzahl:
416 Seiten
Verlag:
Ausgabe:
Hardcover
ISBN:
ohne ISBN
(Pulp Legends – Vorzugsausgabe)

 

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Verfasst von:

Ph'nglui mglw'nafh Cthulhu R'lyeh wgah'nagl fhtagn

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