Edward Lee & Elizabeth Steffen
Dahmer ist nicht tot

In November 1994, one of history’s most diabolical serial-killers is beaten to death by another inmate in the prison where he was serving fifteen consecutive life sentences. Jeffrey Dahmer is dead. Or is he? Two weeks after the madman’s body is buried, another cannibalistic murder spree begins. Fingerprints, DNA, and modus operandi all link Dahmer to the hideous crimes. Homicide cop Helen Closs is certain it’s all a hoax or a clever copycat…until the night her own phone rings, and Jeffrey Dahmer himself begins to speak… Dahmer’s Not Dead is the latest collaborative effort by acclaimed horror novelist Edward Lee and serial-killer expert Elizabeth Steffen. Don’t expect the same explicit hardcore horror that Edward Lee is so well-known for. Instead, Dahmer’s Not Dead is a brilliant and technically accurate police-procedural thriller on par with the best crime novelists working today.

 

Dahmer ist nicht tot ist eines dieser Bücher, bei denen ich anfangs nicht wirklich wusste warum, aber ich habe es verschlungen!
Man liest, ist gefesselt, will wissen, wie es weiter geht, nur in dem Moment, in dem man versucht zu verstehen, warum man eigentlich nicht von dem Buch wegkommt, in dem Moment, in dem man beinahe schon krampfhaft probiert die Besonderheit zu packen und ihr einen Namen zu geben…
…tja, nichts!
Da ist eigentlich gar nichts besonderes, da ist eigentlich gar nichts außergewöhnliches – und schon liest man einfach weiter.

Man hat das Buch fertig gelesen, klappt es zu, denkt darüber nach, will eine Rezension schreiben und kommt unweigerlich wieder zu der Frage: was zur Hölle war so besonders an diesem Buch? Und wie soll ich eine Rezension schreiben, wenn ich nicht einmal weiß, was mich an diesem Buch so fasziniert hat?!
Also hinsetzen und mit anderen Thrillern vergleichen. Wo sind die Unterschiede, wo die Besonderheiten. Wieso zur Hölle begegnete mir dieses Buch so anders, so ungewohnt für einen Psychothriller?
Und eben hier verbirgt sich nun die Besonderheit von Dahmer ist nicht tot – es ist kein klassischer Psychothriller, sondern eine unglaublich ausgeglichene und ausgeklügelte Mixtur aus (Psycho)Thriller, Tatsachen- und Horrorroman.

Edward Lee, der Großmeister der Obszönität, schreibt mit Elizabeth Steffen, einer Expertin für Serienmörder, über Jeffrey Dahmer?! Sind wir einmal kurz ehrlich: wie geil ist das denn?! Wie blutig, pervers, abstoßend, verstörend und krank wird das wohl sein?
Soviel vorweg: gar nicht! Und eben das macht’s aus!

Zwar "warnt" der Klappentext bereits, dass man hier keinen klassischen Lee zu erwarten hat, doch, was Lee und Steffen hier letztlich abgeliefert haben, hat meine Erwartungen tatsächlich übertroffen!
Edward Lee und Elizabeth Steffen ergänzen sich hier nicht einfach, sondern verschmelzen förmlich zu einer Einheit (klingt das bei Lee nicht wirklich sehr morbide?!).
Sie implementieren den Leser nicht, sondern bieten ihm einen gut gepolsterten Stuhl samt Tisch direkt am Geschehen an – und die beiden wissen, wie man gut unterhält!

Gerade zu Beginn des Buchs hält man stellenweise einen kleinen Simon Beckett (ein wenig Anthropologie) in den Händen – dazu gesellt sich eine Prise Cody McFadyen (weiblicher Hauptcharakter und die stetige graue Wolke über dem Leser) und Chris Carter (klarer harter amerikanischer Stil).
Besonders wird das Ganze durch den unverkennbaren, wenn auch absolut ungewohnten Stil, von Lee, welcher immer einmal wieder durchblitzt. Mit Elizabeth Steffen hat sich Lee zudem nicht nur eine Serienkiller-Expertin mit an Board geholt, sondern auch eine sehr gute Autorin!

Die eingangs erwähnte Mixtur verschiedener Romantypen gewährt eine breite Konfrontationsfront für den Leser – gepaart wird dies dann noch mit einer ausgeklügelten Polyperspektive und der intelligenten Recherche der Autoren:
der Thriller zieht sich wie eine feuchte Blutspur durch das ganze Buch; der Psychothriller gedeiht auf der Charakterentwicklung von Helen; der Tatsachenroman zeigt sich in der wahren Begebenheit um Jeffrey Dahmer und der Horrorroman mutiert förmlich aus den Intrigen des Psychothrillers und eben der tatsächlichen Geschichte um Dahmer.

Letztlich lässt Dahmer ist nicht tot den Leser nicht nur verschiedene Phasen und durch die Polyperspektive gleich mehrere Charaktere erleben, sondern weiß den Leser mit Methode an der Nase herum zuführen.

Auch, wenn das Ende dem restlichen Buch leider nicht wirklich gerecht wird, tut es diesem außergewöhnlichen, ungewohnten und wirklich perfekt recherchierten Thriller keinen Abbruch!

Lee und Steffen haben hier nicht irgendeinen Thriller geschrieben – tatsächlich darf man hier einen Film auf 236 Seiten genießen.
Ein kleiner Blockbuster in Buchform!

 

…zur Übersetzung

Durchaus ist mir bewusst, dass es ja schon grundsätzlich nicht einfach ist, eine (gute) Übersetzung anzufertigen. Lee macht dann die ganze Sache nicht einfacher – alles ok, alles verständlich, alles prima…

…ABER:

ich erwarte von einem Übersetzer nicht nur, dass er die Sprache beherrscht, sondern eben auch, dass er zum einen über einen großen Wortschatz, und somit komplexe Rhetorik, verfügt und zum anderen, eine gewisse Recherche um eventuelle Eigenheiten der Sprache hinter sich gebracht hat.

Ein paar kleine Beispiele:
"10-4" ist ein offizieller und international verwendeter Code (Ten-Codes), den man gerne eben so stehen lassen darf, wohingegen "DO" (Duty Officer) eine amerikanische Abkürzung ist, mit der wahrscheinlich die wenigsten Deutschen etwas anzufangen wissen – hier dürfte man also übersetzen.
"Cracked" als &quotsarkastisch&quot zu übersetzen, was zu allem Überfluss auch noch, dem Zusammenhang geschuldet, jeglichen Sinn in Frage stellt – bei aller Liebe… . Aus "Roger" nun "Absolut" machen, erscheint wie ein schlechter Scherz; die Krönung aber stellt "don’t fall apart" dar: "Fall nicht auseinander"?! Das grenzt wirklich schon an eine Frechheit!
Sorry, aber so nun wirklich nicht!

Meckern auf hohem Niveau? Bisweilen…
Und wenn wir einmal ehrlich sind, spricht das sogar für den Verlag! Denn hier erwarte ich eben ein wenig mehr – weil ich weiß, dass Festa es (besser) kann!

Im Schulnotensystem würde ich der Übersetzung also mit viel Liebe eine 2- (gerade noch so, als gut wahrzunehmen) geben.
Die Übersetzung ist nicht schlecht – es ist ja nun nicht so, dass der Inhalt komplett entfremdet würde, nur erwarte ich hier, gerade von einem Verlag, welcher sich auf Übersetzungen englischsprachiger Literatur spezialisiert hat, definitiv ein wenig mehr Liebe zur Sprache!

 

 

Edward Lee & Elizabeth Steffen - Dahmer ist nicht tot

 

Autor:
Edward Lee und Elizabeth Steffen
Titel:
original Titel:
Übersetzer:
Christian Jentzsch
Lektorat:
Tanja Lottes
Titelbild:
Auflage:
1. Auflage
(August 2017)
Seitenzahl:
352 Seiten
Verlag:
Ausgabe:
Taschenbuch
(auch als eBook erhältlich)
ISBN:
978-3-865525-67-3

 

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Verfasst von:

Ph'nglui mglw'nafh Cthulhu R'lyeh wgah'nagl fhtagn

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