Splatterspunk: Die kompletten Micah-Hays-Storys – die wahnwitzigen Possen über die sexuellen Eroberungen des abartigen Polizisten.
Geschichten wie diese sind der Grund, dass Edward Lee als Meister des Extreme Horrors gilt – sie sind pornografisch und urkomisch, doch voller ekelerregendem Charme.
1996 haben Edward Lee und John Pelan in Form von Goon (Necro Publications; dt.: Goon – Das perfekte Wrestling Match, Festa Verlag, 2014) nicht nur ihr gemeinsames Debüt auf die Leserschaft losgelassen, sondern auch einen Kultcharakter, bewusst oder nicht, geschaffen: PFC Micah Hays – ein dauergeiler Hillbilly, den man einfach nur lieben kann.
Zwei Jahre später war es dann soweit – Micah Hays bekam (endlich) einen eigene Anthologie.
PFC Micah Hays und Chief Richard Kinion – Laurel und Hardy FSK18!
Hier warten nun acht Novellen um das Dream-Team des Splatterpunk, die Vorstellungskräfte der Leser auf besondere Art und Weise zu stimulieren – holy Jesus Jiminy Chrast!
Vorwort (3 Seiten)
Was gibt es zu einem Vorwort denn schon großartig zu sagen…
…außer, dass hier nicht etwa die beiden Autoren zu Wort kommen, sondern Micah Hays; dang it!
Alleine die Idee das Vorwort dem Protagonisten zu schenken ist absolut genial – die Umsetzung toppt jedoch einfach alles!
Prolog (7 Seiten)
Hier "kommt" Micah!
Selbst ein Micah Hays kam irgendwann einmal auf die Welt…
…und das erste Mal.
Ein wahrer Prolog: der Beginn (einer Legende).
Die Geburt von Micah Hays, wie sie sich ein jeder von uns in seinen feuchtesten Träumen ausgemalt hat.
Cotter’s Field oder Wo alles begann… (10 Seiten)
'türlich kennt Micah Hays Cotter’s Field – oder besser gesagt "Cotter’s Fickloch", wie Hays es so liebevoll nennt.
Und 'türlich hat er mehr als eine Geschichte über Cotter’s Field auf Lager, die er Chief Kinion brühwarm zu erzählen weiß…
Tatsächlich ist diese Novellen der Ursprung – oder, wie auch im Titel der deutschen Ausgabe: "Wo alles begann…".
Diese Novelle ist das Kapitel aus Goon – Das perfekte Wrestling Match (2014, Festa Verlag; OT: Goon, Necro Publication, 1996), welches die Geburtsstunde von Micah Hays darstellt.
Ein kleines Stück Geschichte – yes sir!
Der Fall mit dem Penisring des Polizisten und dem Klavierspieler ohne Finger (29 Seiten)
Einsatz für PFC Hays und Chief Kinion!
Im Crossroads flippt gerade die Frau des Klavierspielers aus! Wie gut, dass Micah den Weg aus dem FF kennt – auch, wenn der Penisring jetzt doch ein wenig stört…
Tja… wie sagt man doch immer so schön: verlasse dich auf andere und du bist verlassen – oder eben, um den aktuellen Tenor treu zu bleiben: dann biste gefickt!
…wie wahr.
Probleme im Crossroads, ein Irrtum mit Folgen… und ein Penisring!
Mädelsabend (27 Seiten)
"Girls just want to have fun" (Cyndi Lauper: She’s so unusual – Girls just want to have fun) – dass da Micah Hays grundsätzlich die richtige Adresse ist, braucht man ja wohl nicht explizit betonen.
Ja, die Mädels sind ein wenig eigennützig, aber Micah ist ja ein Profi…
Der Beginn der Novelle weckt durchaus Erinnerungen an Lees Novelle Der Falsche (OT: The wrong guy) aus Mister Torso und andere EXTREMitäten (Festa Verlag, 2016; OT: Brain Cheese Buffet, Deadite Press, 2010). Daraus entwickelt sich jedoch eine recht klassisch gehaltene Novelle, mit typischem "Hays ’n‘ Kinion-Flair", sowie einem dreckig grinsenden Ende.
Tingeltangel (von John Pelan) (76 Seiten)
Der Zirkus ist in der Stadt!
Und wie bei jedem guten Zirkus, darf natürlich auch die Freakshow nicht fehlen. Und eben genau hier liegt das Problem: immerhin könnte hier ein Verstoß gegen Artikel 27, Abschnitt 15 bis 17 vorliegen! Diesem Umstand müssen die beiden Gesetzeshüter natürlich nachgehen…
Sobald es um Zirkus geht, bin ich versucht Vergleiche mit Will Elliots Roman Hölle (Piper Verlag, 2008; OT: The Pilo Family Circus, ABC Books, 2006) anzustellen – natürlich so auch hier.
So findet man auch hier eine gesunde Mixtur aus Horror und Mystery, die allerdings mit einer guten Portion Sex, Thriller und Gewalt angereichert wird.
Gleichwohl die Story etwas Zeit braucht Fahrt aufzunehmen, versteht man spätestens ab jetzt, warum Edward Lee gerne mit John Pelan zusammen arbeitet.
Ein Kühlschrank voller Sperma (von Edward Lee) (156 Seiten)
Anruf von Doc Willis: seine Frau, Jeanne, wurde entführt – aus dem eigenen Haus!
Als PFC Hays und Chief Kinion nun am Tatort eintreffen, finden sie nicht nur Doc Willis, sondern treffen auch auf Captain Dana Majora vom INSCOM (U.S. Army Intelligence and Security Command), die eine streng geheime Mission verfolgt…
…und das, ab jetzt nicht mehr alleine.
Bei der Titelgeschichte (zumindest in der deutschen Übersetzung) konnte sich Lee nun (endlich) ein wenig austoben und hat vor dem Hintergrund eines schon beinahe klassischen Thrillers, eine Alien-Sex-Splatter-Satire hingelegt, wie es wohl nur ein Edward Lee kann, wagt und auch macht!
Lee dreht hier nicht auf – er dreht ab! Und Micah Hays ist wortwörtlich mittendrin!
UFO: muss ich erklären für was das "F" in Micah Hays‘ Welt steht?
Epilog (11 Seiten)
Ende gut, alles gut…
Verdammich, es wäre nicht Micah Hays, wenn das Ende nicht noch "besser" wäre!
Letztlich ist das nicht der Epilog des Buchs, sondern der, der vorgehenden Novelle Ein Kühlschrank volle Sperma.
Somit ist es eben kein klassischer Epilog, sondern strenggenommen ein doppeltes Ende – das der Novelle Ein Kühlschrank volle Sperma und eben auch das des Buchs.
Ein "Happy End" à la Micah Hays…
…nur nicht für Chief Kinion!
Ein Kühlschrank voller Sperma ist eine (S)Explosion sinnbefreiter Obszönitäten, die (gerade im Original) mit einem herrlich dreckigen Wortwitz einfach nur Spaß macht!
Statt der Leserschaft eine stupide Posse auf Vorschulniveau vor die Füße zu schmeißen, haben Lee und Pelan hier eine (für wahr) außergewöhnliche Satire geschaffen, die den Leser zwar bisweilen doch ein wenig mit Chief Kinion mitfühlen lässt, doch hinter all den Geschlechtskrankheiten, Körperflüssigkeiten und sonstigen (auch verbalen) Ausscheidungen immer mit einem Augenzwinkern wartet.
Tatsächlich findet man statt einer infantilen Komödie, die eine Amöbe zum kichern bringen soll, eine bisweilen superlativierte Parodie der Realität – nicht zuletzt in Anbetracht der Tatsache, dass es sich bei Micah Hays um eine reale Person handelt.
Kindchenschema, (typisch) archaisch-maskulines Verhalten, Mystery, klassische Literatur, Ufologie, Horror – hier wird vor nichts halt gemacht; schnappen, ein paar mal in den Urschleim der Obszönität tunken und danach genüsslich ablecken – holy motherfuckin‘ sheeeee-it!
Gleichwohl der Titel es erahnen lässt, sei es noch einmal angemerkt: wer auf Blut, Gewalt und Horror (zumindest im mehr oder minder klassischen Sinn) setzt, darf um dieses Buch einen Bogen machen!
Hier geht es schlicht und ergreifend um das Eine – und wer jetzt an schnöden Sex denkt, kennt PFC Micah Hays noch nicht – sheeeeeeeeeeeeeee-IT!
Micah Hays: quasi der Tom Bombadil des Splatterpunk.
Bleibt nur noch eine Frage: warum wird Martha nun eigentlich Martha die Rute genannt?
…zur Übersetzung
Was habe ich mich gefreut, als ich gehört habe, dass Splatterspunk (so der Originaltitel) endlich von Festa auf den deutschen Markt kommt. Als ich dann erfuhr, dass Christian Jentzsch die Übersetzung macht, hatte ich ein wenig Sorge – seine "Leistung" bei Dahmer ist nicht tot (Festa Verlag, 2017; OT: Dahmer’s not dead, Necro Publications, 2011) hängt mir nach wie vor im Gedächtnis. Beruhigt hat mich wiederum, dass Marion Mergen für das Lektorat zuständig war – "Flüchtigkeiten" wie bei Dahmer ist nicht tot würden hier nicht einfach so durchgehen…
…und wie schön ist es doch, Recht zu behalten!
Natürlich könnte ich jetzt auf höchstem Niveau kritisieren – die Zeilen nutze ich allerdings lieber zum loben und schwärmen: so wurden beispielsweise selbst die Abkürzungen ins Deutsche übersetzt!
Kleine Wortspielereien wurden so gut als möglich übertragen und der Slang bestmöglich metonymisch stilisiert.
So (fer Gawd’s sake) muss eine Übersetzung aussehen, so will ich das immer sehen und deshalb vertraue ich auf den Festa-Verlag – danke für eure Mühen!
Just by the way: bei Cotter’s Field oder Wo alles begann… hat Festa wirklich noch einmal das Lektorat über die Novelle schauen lassen, anstatt, wie im Original, den Text einfach aus Goon – Das perfekte Wrestling-Match zu kopieren.
Gerne darf man diese zusätzliche Arbeit, die sich der Verlag auch hätte sparen können, als weiteren Indikator für die Qualität des Festa-Verlags erkennen!
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